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Die Zukunft der Handelsimmobilien: Neue Wege für urbane Räume und Quartiere

von Jörg Wege, Stadtplaner und Head of Business & Project Development, MEC

Der stationäre Handel steht vor einem epochalen Wandel, und mit ihm ändern sich auch die Anforderungen an innerstädtische Handelsimmobilien und Quartiersflächen. Während der Onlinehandel wächst, müssen Handelsimmobilien verstärkt neue, vielseitige Nutzungen integrieren, die über den reinen Konsum hinausgehen und den Standort attraktiv und lebendig machen. Urbane Räume, insbesondere in Innenstädten, benötigen heute ein zukunftsweisendes Konzept, das auf Vielfalt, Flexibilität und einen engen Bezug zur jeweiligen Stadtgesellschaft setzt.

In vielen Innenstädten wächst die Erkenntnis, dass eine starke Abhängigkeit vom Einzelhandel nicht mehr zeitgemäß ist. Die Umstrukturierung oder Umwidmung großer, zentraler Flächen eröffnet die Möglichkeit, das Leben in den Städten auf neue Weise zu gestalten. In enger Abstimmung mit der Stadtplanung kann der stationäre Handel hier zu einem zentralen Baustein der Quartiersentwicklung werden. Flächen, die traditionell allein dem Handel dienten, bieten Raum für neue Konzepte, die Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Versorgung kombinieren und so wieder eine stabile Frequenz in die Zentren bringen.

In der Praxis heißt das: Die klassische Handelsfläche wird zum Knotenpunkt für städtisches Leben und dient als multifunktionales Zentrum, das neben Einkaufsmöglichkeiten auch Raum für Büroflächen, Freizeiteinrichtungen und soziale Begegnungen schafft. Dieser Wandel wird zum Motor für Innenstädte, die einen starken Frequenzrückgang verzeichnen und unter einem Mangel an Aufenthaltsqualität leiden. Innovative Konzepte tragen dazu bei, urbane Räume zu revitalisieren und sie wieder zu Orten der Begegnung und Identität zu machen.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt in der Umgestaltung von Handelsimmobilien ist das Flächensparen durch die Nachverdichtung bestehender Handelsstandorte, insbesondere solcher mit großflächigen Parkplätzen. Solche Standorte bieten eine optimale Grundlage für die Schaffung urbaner Quartiere, indem sie ungenutzte oder wenig intensiv genutzte Flächen effektiv umwandeln. Durch die Entwicklung von Stadtquartieren auf bisher primär als Parkfläche genutztem Terrain entstehen Mischstrukturen, die Wohnraum, Arbeitsplätze und Nahversorgungsangebote kombinieren.

Nachverdichtung ermöglicht es, den Flächenverbrauch zu reduzieren und die Bodenversiegelung zu minimieren. Durch die Integration von Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten sowie zusätzlichen Grün- und Freiflächen entstehen lebendige Quartiere, die nicht nur den Konsum, sondern auch die Aufenthaltsqualität steigern. Für Betreiber und Stadtplaner bietet die Nachverdichtung eine Möglichkeit, den Handel nachhaltig in städtische Strukturen zu integrieren.

Auch die Umwidmung zu Multi-Use-Flächen wird besonders in Quartieren immer relevanter, wo eine Kombination aus Handel, Wohnen und Dienstleistung in direkter Nachbarschaft entsteht. Statt monofunktionaler Zonen entstehen so lebendige, durchmischte Viertel, die von einem dynamischen Wechsel verschiedener Nutzergruppen profitieren. Multi-Use-Konzepte schaffen nicht nur die baulichen Voraussetzungen für eine flexible Nutzung, sondern fördern eine gemeinschaftliche Quartiersstruktur, in der das soziale Miteinander und die Versorgungsvielfalt im Mittelpunkt stehen.

Durchmischte Nutzungen stabilisieren außerdem das städtische Leben, da unterschiedliche Zielgruppen zu verschiedenen Zeiten für eine beständige Grundfrequenz sorgen. So kann eine Fläche tagsüber Büros beherbergen, während abends Gastronomie und Freizeitangebote in den Vordergrund treten. Durch diesen dynamischen Wechsel werden Quartiere belebt und erhalten eine höhere Attraktivität, die nicht nur Bewohner, sondern auch Besucher anspricht.

Neben funktionaler Vielfalt ist auch die ökologische Nachhaltigkeit eine entscheidende Säule moderner Flächenentwicklung. In Zeiten des Klimawandels wird die energieeffiziente Nutzung und der nachhaltige Bau von Handelsimmobilien und Multi-Use-Flächen immer wichtiger. Ressourcenorientierte Bauweisen, wie die Nutzung lokaler Materialien und die Einbeziehung grüner Infrastruktur, tragen zur Attraktivität eines Standorts bei und sind zunehmend eine Voraussetzung für dessen langfristige Wettbewerbsfähigkeit.

Auch der Einbezug von Grünflächen, die Dach- und Fassadenbegrünung und nachhaltige Mobilitätskonzepte schaffen neue Anreize und tragen zur Aufenthaltsqualität bei. Flexible Flächenaufteilungen und modular gestaltete Einheiten erleichtern die Umnutzung im Lebenszyklus der Immobilie und ermöglichen eine Anpassung an zukünftige Entwicklungen. Die Kombination aus nachhaltiger Bauweise und multifunktionaler Nutzung steigert den Wert der Immobilie und erhöht ihre Attraktivität für eine diverse Nutzerschaft.

Die Transformation hin zu multifunktionalen, dynamischen Quartieren erfordert nicht nur bauliche Flexibilität und ökologische Nachhaltigkeit, sondern auch eine technologische Basis, die es erlaubt, Flächen effizient zu verwalten und anpassungsfähig zu gestalten. Hier spielt die Digitalisierung eine entscheidende Rolle: Smarte Technologien und digitale Infrastruktur sind für die moderne Umwidmung großer Flächen in Innenstädten und Quartieren unerlässlich, da sie es ermöglichen, Ressourcen zu optimieren, den Flächenbetrieb agiler zu gestalten und das Erlebnis vor Ort aktiv zu verbessern.

Digitale Tools und Smart-City-Konzepte eröffnen somit neue Möglichkeiten für die Gestaltung und Verwaltung von Handelsimmobilien. App-basierte Zugangslösungen, IoT-Sensoren oder smarte Energieverwaltungssysteme können nicht nur Betriebsprozesse effizienter gestalten, sondern auch das Nutzererlebnis steigern. Die Erhebung und Analyse von Echtzeitdaten erlaubt es Immobilienmanagern, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und die Immobilie kontinuierlich an die Bedürfnisse der Nutzer anzupassen.

Der Wandel hin zu multifunktionalen Flächen ist in vielen Innenstädten und Quartieren bereits spürbar und erfordert ein strategisches Umdenken. Handelsimmobilien werden zu multifunktionalen Begegnungsorten, an denen Konsum, Freizeit, Wohnen und Arbeiten miteinander verschmelzen. Die Zukunft der Handelsimmobilien liegt in einer durchdachten Verbindung aus Flexibilität, Nachhaltigkeit und Digitalisierung, die nicht nur wirtschaftlich tragfähig, sondern auch gesellschaftlich sinnvoll ist. Nur durch eine enge Abstimmung mit der Stadtplanung und die Berücksichtigung lokaler Bedürfnisse können sich Handelsimmobilien langfristig erfolgreich in urbane Strukturen einfügen.

Mit diesen Ansätzen bieten sich Chancen für Immobilienmanager, Investoren und Kommunen, die Zukunft des Handels aktiv zu gestalten. Die Multi-Use-Entwicklung ist der Schlüssel zu lebendigen, vielseitigen und nachhaltigen Innenstädten und Quartieren – und damit zur Zukunft der Handelsimmobilien.

MEC-Beitrag aus dem Fachbuch: „Trendsetter Multi-Use - Vielfalt für die Fläche“ von Handelsimmobilien Heute